Film

Film – Back to the roots…

Oder mein Weg zurück zur analogen Fotografie!

Also, ich muss hier vorausschicken, dass ich eigentlich ja ein Kind der digitalen und eben nicht der analogen Welt des Films bin. Ich habe zwar in den 80ern und 90ern eine kleine Film-Kamera gehabt. Aber eigentlich habe ich damals wirklich nur geknipst und nicht fotografiert. Das kam erst mit der digitalen SLR und den Möglichkeiten der digitalen Welt.

Und ich habe mich in dieser digitalen Welt sehr wohl gefühlt. Ja, tue das noch heute.

Aber, warum dann analoge Fotografie?

Diese Frage ist nicht einfach und schon gar nicht mit zwei Sätzen zu beantworten. Zuerst muss ich sagen, dass ich den Look der analogen Bilder – gerade der Schwarz-Weiß-Aufnahmen – sehr gemocht hatte. Daher habe ich auch mit SW-Film angefangen, mich wieder in die analoge Fotografie vorzutasten. Hinzu kommt meine Liebe zu den Experimenten. Zu schauen, was man noch machen kann und welche Möglichkeiten es noch gibt kreativ Bilder zu gestalten.

Daher bin ich 2016 also bewusst wieder den Schritt zurück zu analoger Film-Fotografie gegangen. Der Schritt war genau der richtige, da ich diesen einzigartigen Look, den kein Photoshop-Plugin 100%ig kopieren kann, einfach liebe.

Hier ist die Antwort aber noch nicht beendet. Es kommt nämlich heute dazu, dass die analoge Fotografie viel mehr geworden ist, als das oben beschriebene Experiment. Auch meine Vorliebe für den Bildlook und Bildstil analoger Schwarz-Weiß-Fotografien erklärt alleine diesen Schritt nicht.

Nein. Es ist heute für mich vielmehr eine Art Meditation geworden.

 

An dieser Stelle mag das Zitat von Henri Cartier-Bresson angebracht sein, in dem er sagte:

Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man länger als eine Sekunde schaut.

 

 

Analoge Bilderserie No.1

 

Meditation?

Einige werden sich denken, ob das nicht etwas hoch gegriffen ist. Ja, mag sein. Aber ich finde kein besseres Wort dafür das zu beschreiben, was passiert, wenn ich bewusst mit einer Mittelformat- oder gar Großformatkamera losgehe. Aber fragen wir uns doch selbst, wie oft wir mehr oder weniger gedankenlos mit einer digitalen Kamera unterwegs waren, einfach ein Bild nach dem anderen gemacht haben, ohne viel darüber nachzudenken.

Mit Film ist das anders. Das Medium zwingt mich dazu wieder mehr zu überlegen. Mir vor dem Bild Gedanken um die Aufnahme zu machen. Film zwingt mich dazu zu überlegen, ob ich denn genau jetzt genau dieses Bild wirklich machen will. Der Sucher in den großen Formaten von 6×6 oder das 4×5 inch Rückenteil geben mir dabei einen ganz anderen Eindruck des Bildes als der kleine Sucher meiner DSLR.

Nachdem ich mein Motiv gefunden habe, muss ich bei diesen Kameras die Belichtung separat messen. Die Kameras kennen keinen integrierten Belichtungsmesser wie die digitalen Kameras. Und wenn ich dann die Szene mit einem klassischen Handbelichtungsmesser einmesse…. mir dabei mein künftiges Bild das nächste Mal anschaue, setze ich mich viel intensiver mit dem Bild auseinander.

Ist das schon Meditation?

Das alleine wahrscheinlich nicht. Aber wenn ich dann zwei, drei, vier Stunden unterwegs bin. Mich ganz auf das Thema einlasse. Quasi mit allen Sinnen die Bilder suche und versuche festzuhalten, dann hat es für mich etwas meditatives. Ich kann in diesem Workflow mich so stark auf die Fotografie konzentrieren, dass ich vieles aus dem Alltag und dem Stress auf der Arbeit vollkommen ausblenden kann. Und an dieser Stelle sage ich dann auf jeden Fall: das ist meditativ.

Die analoge Fotografie fokussiert mich.

Sie verlangsamt mich.

Sie schafft es mich aus den Gedanken des Alltags herauszuheben.

Sicherlich denken jetzt einige, dass ich nicht mehr alle Tassen im Oberstübchen habe. Irgendetwas zwischen abgefahren, verschroben und verrückt. Aber diese Personen möchte ich gerne Fragen, was sie machen um abzuschalten? Ist es nicht egal, ob ich für das Abschalten einfach mal für eine Stunden Spazieren gehe, einen Marathon laufen muss oder wie ich eben mit dem Hilfsmittel der Fotografie den Kopf frei bekomme.

Magie Entwicklung

Es ist diese Fokussierung auf die Tätigkeit des Fotografierens, die für mich so hilfreich ist. Und wenn ich dann – wieder zuhause – die Filme im Wechselsack auspacke. Ich die Filme in die Entwicklerdosen lade. Und ich wieder voll konzentriert arbeiten muss, dass da –  wie durch Magie – auch sicher das Licht Bilder auf den Film malt. Diese vergänglichen Momente, diese Sekundenbruchteile der Belichtung in Silber als Bild für Ewigkeit festgehalten werden.

Der Moment wenn man dann “stolz wie Oskar” den Film aus der Dose holt. Wenn ich mir die Ergebnisse das erste Mal auf dem nassen Film betrachten kann. Wenn ich es geschafft habe, mich selbst zu fokussieren, das Bild im sprichwörtlichen Kasten ist und ich es stolz betrachte.

Es ist für mich der perfekte Abschluss des Tages!

 


Ausblick

Wie wird mein analoger Fotoweg weitergehen? Ich weiß es heute noch nicht.

Vielmehr stelle ich mir die Frage, ob es wichtig ist, immer zu wissen, wo der Weg hingehen soll? Ich denke es ist wesentlich hilfreicher, wenn man sich offen auf die Möglichkeiten einlässt, die sich einem bieten.

Alternative Prozesse

Was ich weiß, ist, dass die analoge Fotografie viele viele Möglichkeiten und Chancen bietet sich kreativ auszutoben. Dabei stehen vor allem zwei Themen bei mir im Fokus. Ich möchte mich gerne näher mit dem Thema alternativer fotografischer Prozesse befassen. Also das Thema klassische Kollodium-Nassplatten, Cyanotypie und Ambrotypie. Mich reizt es, mit einfachsten Mitteln Bilder für die Ewigkeit festzuhalten. Dem Bild wieder einen Wert zu geben, den es als digitaler (Schnapp)Schuss eben nicht hat.

Wenn ich so viel Zeit und Arbeit in eine Aufnahme stecke, wird vorher die Beschäftigung mit dem Motiv natürlich intensiver erfolgen (ich gestehe, dass man das natürlich auch digital machen kann, ich es aber dann – aus welchen Gründen auch immer – aber doch nicht so intensiv tue).

Ich mache es nicht, weil Retro eben einfach “cool” und “in” ist. Nur hip sein zu wollen reicht meiner Meinung nach nicht aus.

Ich mache es, weil es mir Spaß macht und der perfekte Ausgleich vom hektischen Alltag darstellt.

weniger ist mehr

Das zweite Thema, dass ich intensiver austesten und ausloten will, ist die Fotografie mit einer Lochkamera. Auch diese Möglichkeit der Fotografie mit einfachsten Mitteln – nur mit dieser kleinstmöglichen Lichtöffnung finde ich äußerst faszinierend.

Hier ist das Thema sich Zeit lassen nochmal wichtiger. Aufnahmen können – je nach Aufnahmemedium – zwischen mehreren Sekunden bis zu Stunden dauern. Gleichzeitig können die Kameras einfachste Pappkisten sein, oder kunstvolle Holzkameras mit Messingbeschlägen und allem was dazu gehört. Und die Herausforderung für mich, selbst die Kamera zu bauen, die man sich wünscht.

Es wird vielleicht nicht die künstlerisch schönste Kamera  werden. Aber es wird meine Kamera sein.

analoge Film Fotografie

nur noch analog?

Bleibt zum Schluss die Frage, ob ich jetzt also meine digitale Kameraausrüstung verkaufen kann?

Die kurze Antwort: Nein!

Die lange Antwort: Es erscheint mir zu kurz gegriffen, zu sagen, dass digital oder analog die besseren Wege sind seine Bilder zu machen. Fotografie ist vielfältig und ich will sie so nutzen. Ich freue mich über meine schnellen qualitativ sicherlich hochwertigen digitalen Fotografien, genauso wie über den Ausflug mit meiner analogen Kamera, wenn man beim fotografieren angesprochen wird, was dass den für eine Kamera ist. Oder die leicht neidischen Blicken und Kommentare, wenn man gerade eine Aufnahme mit der Hasselblad gemacht hat.

Wichtig in meinen Augen ist es, Spaß an der Fotografie zu haben!